Festliche Einweihung von Torarolle und Synagoge
- 17. November 2019
- Text und Fotos: Roswitha Strüber
Für die Mitglieder der Israelitischen Gemeinde Freiburg erfüllten sich zwei lang gehegte Wünsche. Am Sonntag den 17. November 2019 weihte Landesrabbiner Moshe Flomenmann eine über 120 Jahre alte Torarolle ein, die in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 bei der Brandschatzung der Freiburger Synagoge schwere Schäden erlitten hatte, vor der endgültigen Zerstörung durch die Flammen aber durch das beherzte Eingreifen eines anwesenden Passanten bewahrt wurde. Ein Sofer in Straßburg hatte ihre Restaurierung übernommen, so dass die heiligen Texte nun wieder im G’ttesdienst benutzt werden können. Als eine Zeichen setzende Geste, die in symbolischer Weise auf die enge Verbindung zwischen der zerstörten Synagoge am Werthmannplatz und dem neuen jüdischen Gemeindezentrum an der Nussmannstrasse hinweisen soll, erfolgte die Einweihungszeremonie in Anwesenheit u.a. von Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, Weihbischof Dr. Peter Birkhofer und weiterer Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens am Gedenkbrunnen auf dem Platz der Alten Synagoge. In seiner Rede wies der Landesrabbiner auf die zentrale Bedeutung hin, die die Tora im Judentum innehat. Durch ihre Texte spricht G-tt unmittelbar und direkt zu den Menschen. Gleichzeitig erinnerte er aber auch an die Leiden und Schicksale der zahlreichen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Freiburg, die im Oktober 1940 unter unmenschlichen Bedingungen in das Lager Gurs in Südfrankreich abtransportiert worden waren.
Mit beschwingtem Spiel von Epstein’s Klezmer Tov wurde die Torarolle anschließend unter einem Baldachin gemeinsam vom Gedenkbrunnen auf dem Platz der Alten Synagoge durch Bertoldstraße und Kaiser-Joseph Straße zur Neuen Synagoge getragen. Zahlreiche Mitglieder und Freunde der Gemeinde begleiteten die Torarolle aufihrem Weg durch die Stadt
Die Wiedereinweihung der Neuen Synagoge erfolgte in einem nachfolgenden Festakt ebenfalls durch Landesrabbiner Flomenmann, ihm zur Seite stand Moshe Hayoun, Kantor der Gemeinde. Sie war notwendig geworden, nachdem in den Jahren 2018 und 2019 umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt werden mussten. In ihrer Begrüßungsrede erinnerte Irina Katz an die Planungs- und Baugeschichte der Synagoge, die vor gut 30 Jahren fertiggestellt wurde, und bedankte sich herzlich bei allen, die mit ihrer Hilfe und mit ihrem Einsatz die Errichtung des Gemeindezentrums und der Synagoge möglich gemacht haben.
In den Grußworten, die Rami Suliman, Vorsitzender der IRG Baden, Dr. Barbara Traub, Vorstandssprecherin der IRGW, Matern von Marschall, Mitglied des Bundestages, Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, Weihbischof Dr. Peter Birkhofer und Oberkirchenrat Urs Keller vortrugen, äußerten alle Redner ihre Zufriedenheit darüber, dass Religion und Kultur des Judentums nach der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland wieder neu entstehen und wachsen konnten. Angesichts des zunehmenden Antisemitismus und Judenhasses sei es aber dringend erforderlich, dieses sich wieder entwickelnde Kulturgut zu pflegen und mit allen Mitteln gegen Angriffe aller Art zu schützen. Synagogen, jüdische Friedhöfe und Gedenkstätten sind Teil unserer Öffentlichkeit und gehören seit Jahrhunderten zu Deutschland.
Einen besonderen Dank sprachen die Vorsitzende Irina Katz und der Vorsitzende der IRG Rami Suliman an die die Renovierung der Synagoge durchführenden Handwerker aus.
Als Festredner hatte die Vorstandsvorsitzende Dr. Heinrich Schwendemann eingeladen, akademischer Oberrat am Historischen Seminar der Universität Freiburg, dessen Schwerpunkt in Lehre und Forschung das Judentum und der Antisemitismus sind. In seinem Vortrag entwickelte Dr. Schwendemann die Geschichte der Juden in Freiburg von ihrer ersten urkundlichen Erwähnung im 14. Jahrhundert über die Gründung der Gemeinde im 19. Jahrhundert bis in die heutige Gegenwart. Der historische Abriss belegte eindeutig die lange Tradition jüdischen Lebens in Deutschland.
In seinem emotionalen Schlusswort mahnte Landesrabbiner Flomenmann eindringlich, antisemitischen Vorkommnissen keinen Raum zu geben und ihnen energisch entgegenzutreten.
Mit Klezmer-Musik der Epstein-Band und einem koscheren Büfett endete der festliche Tag in der Neuen Synagoge.