Gedenkgottesdienst für Dr. Gertrud Luckner
- 10. Januar 2021
- Text und Eingangsfoto: Roswitha Strüber, Fotos der Künstlerin privat
„Botschafterin der Menschheit“, „Gerechte unter den Völkern“, „Trägerin des Bundesverdienstkreuzes“, „Ehrenbürgerin der Stadt Freiburg“; das sind nur einige der zahlreichen Ehrentitel und Auszeichnungen, die Gertrud Luckner im Laufe ihres Lebens zuteil wurden. Sie alle würdigen die außergewöhnlichen und mutigen Hilfsmaßnahmen, die Dr. Luckner zur Rettung von jüdischen Menschen während der nationalsozialistischen Verfolgungen im Hitler-Deutschland unternommen hat. Ihr zu Ehren lud die Israelitische Gemeinde Freiburg zusammen mit der Freiburger Gertrud-Luckner-Bibliothek, dem Freiburger Wahlkreis 100% und der Stadt Freiburg am Spätnachmittag des 10. Januar 2021 zu einem Gedenkgottesdienst in die Synagoge in der Nußmannstrasse ein. Zu Beginn des G´ttesdienstes erinnerte die Vorstandsvorsitzende der Israelitischen Gemeinde Irina Katz an die großen Verdienste, die sich Gertrud Luckner in den Kriegsjahren und auch danach erworben hat. So sagte sie: „Sehr schnell hatte Gertrud Luckner die menschenverachtende Rassenpolitik der Nationalsozialisten erkannt und immer wieder kritisiert. Ihr tätiger Widerstand und die in ihren Möglichkeiten stehende Unterstützung jüdischer Männer, Frauen und Kinder brachte sie Ende 1943 ins Konzentrationslager Ravensbrück. Dort war sie inhaftiert bis die Russische Armee gegen Kriegsende das Lager befreite.“ Irina Katz endete mit den Worten: “Die Israelitische Gemeinde Freiburg ist Gertrud Luckner in tiefer freundschaftlicher Ehrerbietung verbunden und hat bereits vor Jahren den großen Saal des Gemeindezentrums nach ihr benannt. Auf die Ehrenbürgerin der Stadt Freiburg sind wir stolz und erinnern uns ihrer in Hochachtung.“
Als Mitveranstalter war der Verein „Freiburger Wahlkreis 100%“ an Planung und Ablauf der Gedenkveranstaltung beteiligt. Dessen Vorsitzender Clemens Hauser zeigte sich dankbar für die Gelegenheit, während der Recherchearbeiten im Vorfeld des Gottesdienstes viel von der bewundernswerten Persönlichkeit Gertrud Luckners kenngelernt und über das völkisch und national aufgeladene Freiburg in der Zeit des Nationalsozialismus erfahren zu haben.
Prälat Dr. Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes, würdigte den herausragenden Einsatz von Gertrud Luckner für den Mitmenschen und unterstrich ihre Vorbildfunktion gerade auch für die gegenwärtige Zeit. „Gertrud Luckner hat in ihrer ganzen Existenz Nächstenliebe gelebt. Sie hat über politische, religiöse und nationale Grenzen hinweg den Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Angesichts eines erstarkenden Antisemitismus und Rassismus ist dieses Engagement aktueller denn je und ein Erbe, das Juden und Christen anleiten muss, Unmenschlichkeit mit Menschlichkeit zu beantworten“.
In seinem viele Aspekte berücksichtigenden Vortrag zeichnete Franz Brockmeyer wichtige Stationen im Leben von Gertrud Luckner nach. Brockmeyer ist ehrenamtlicher Leiter der 1990 eingeweihten Gertrud-Luckner-Bibliothek an der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule in Freiburg und beschäftigt sich seit längerem mit der Lebensleistung dieser außergewöhnlichen Frau. Mit den detailreichen Ausführungen zu Luckners intensiver und uneigennütziger Hilfe für verfolgte Juden vor und während des Krieges und ihrem engagierten Einsatz für Ökumene und Völkerverständigung in der Nachkriegszeit entfaltete der Referent ein vielschichtiges Porträt der Freiburger Ehrenbürgerin. Ein wichtiges Anliegen Brockmeyers war es, zum Ende seines Vortrages auf das Vermächtnis und den Auftrag Gertrud Luckners für die heutige Zeit zu verweisen: Entschiedenes Aufstehen gegen Rassismus, Antisemitismus und Judenhetze, und die Etablierung und Pflege einer „Kultur des Erinnerns“. Brockmeyer schloss mit dem Wunsch, dass Gertrud Luckner eine prägende Persönlichkeit für uns bleiben möge.
Anschließend gedachten Prälat Peter Neher und Kantor Moshe Hayoun in verschiedenen Gebeten und im „Gebet Machnisei Rachamim“ Getrud Luckner und allen Opfern des Nationalsozialismus.
Die musikalische Gestaltung des Gedenkgottesdienstes hatten Dana Bostedt (Violine) und Lara Faria Fonseca (Harfe) übernommen. In ihrem Programm brachten die beiden jungen Künstlerinnen Werke von Claude Debussy, Joseph Achron, Jules Massenet, John Williams, Astor Piazzolla und Erwin Schulhoff zur Aufführung.